Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.
Übersicht der diesjährigen Weimar-Fellows, Nietzsche-Fellows und Bauhaus-Fellows in chronologischer Reihenfolge
Zanan Akin (Nietzsche-Fellow, Januar/Februar 2025):
Ich habe an der Boğaziçi Universität Istanbul und der Goethe-Universität Frankfurt am Main Politische Theorie und Philosophie studiert und vor Kurzem meine Promotion in Philosophie abgeschlossen. Im Rahmen meines Weimar Aufenthalts werde ich die Publikation meiner Dissertation vorbereiten. Diese trägt den Titel: „Gleich-Gültigkeit: Die Metaphysik der modernen Gleichheit mit Hegel, Marx, Heidegger und Badiou“. Sie beruht maßgeblich auf dem Gedanken, dass es sich bei dem Wort Gleichgültigkeit um einen spekulativen Begriff handelt und dass sich aus ihm das antinomische Prinzip der modernen Gleichheit entwickeln lässt (unter Bezugnahme auf die beiden Bedeutungen: gleiche Gültigkeit = Äquivalenz und Gleichgültigkeit = Indifferenz). Von diesem Gedanken ausgehend wird die folgende These herausgearbeitet: Die gleiche Gültigkeit der Differenzen vergleichgültigt alle Differenz.


Argine Kostanyan (Nietzsche-Fellow, Januar/Februar 2025):
When in the last year of my Bachelor’s studies in Liberal Arts, I have for the first time encountered the figure of Friedrich Nietzsche and his awareness of how empty and unsatisfying our conceptions of reason really are, as well as his reflections on the crisis of modernity; this has led me to pursue the study of philosophy more deeply. In my thesis, I have been addressing the challenge of affirming even those who negate life, exploring the notion of forgiveness as a potential solution to this problem. This became a real challenge with the outbreak of war in Ukraine, which shifted my focus to more practical perspectives. After participating in several programmes on the themes of peace research and conflict resolution, I am now looking for a way to do philosophy for life. My research in Weimar is dedicated to questions of overcoming the past, particularly in relation to the problem of overcoming revenge and resentments, especially in the context of current peace efforts.
Caroline Marié (Weimar-Fellow, Januar/Februar 2025):
Caroline Marié studierte Kunstgeschichte, Archäologie und Literaturwissenschaft in Deutschland und Frankreich und ist Absolventin des Internationalen Master für Kunstgeschichte und Museologie an der École du Louvre Paris und der Universität Heidelberg. Ihr Dissertationsprojekt an der Universität Heidelberg untersucht Wassily Kandinskys kommunikativen Einsatz von Fotografie bei der Entwicklung und Propagierung seiner Kunst. Zudem werden die Berührungspunkte und Rückkoppelungen zwischen seinem Werk und dem zeitgenössischen Film betrachtet. Die Arbeit zu den medialen Strategien Kandinskys und seiner Beeinflussung durch Bildmedien – im Spannungsfeld zwischen Malerei, Fotografie, Film und Theater – soll einen Beitrag zur Erforschung der Bildkulturen und Vorstellungswelten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts leisten.
Jakob Margit Wirth (Bauhaus-Fellow, März/April 2025):
Im Rahmen des Bauhaus-Fellowships entwickelt Jakob Margit Wirth, PhD-Kandidat an der Bauhaus-Universität Weimar, die Performances „My Gender Stretch“ und „Cutout. 1km of Patriarchy“ weiter. Diese thematisieren Gender-Identität und Post-Gender-Narrative und reflektieren Wirths eigene Privilegien als cis-männlich sozialisierte Person. Wirth (*1991) ist Künstler*, Aktivist* und Soziologe* und arbeitet kontextbezogen mit Performance, Video und sozialer Praxis. Their Werke im öffentlichen Raum verbinden Kunst mit Politik und hinterfragen gesellschaftliche Normen. Für their Arbeiten wurde Wirth unter anderem mit dem Mart Stam Preis (2022), dem Deutschen Mobilitätspreis (2021) und dem Born to be Bauhaus Award (2020) ausgezeichnet und international ausgestellt. They ist Herausgeber* des Magazins „Parasite Art“ und kuratierte die Ausgabe „Parasitäre Paradoxa“ des Kunstforums International.


Hanno Depner (Nietzsche-Fellow, März/April 2025):
Dr. Hanno Depner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Rostock und forscht über Performative Philosophie und Bildethik. Sein philosophischer Bausatz „Kant für die Hand“ wurde in Museen, TV-Magazinen und auf internationalen Konferenzen und Festivals gezeigt. Der Autor ist Gewinner des Berliner Science-Slams und Beirat des Museums DenkWelten. Er schrieb und redigierte für verschiedene Print-, Online- und Hörfunkmedien sowie für Kulturinstitutionen in Berlin. Neben akademischen Arbeiten erschien zuletzt sein Bausatz „Wittgensteins Welt - selbst hergestellt“. Im Rahmen des Nietzsche-Fellowships stellt er ein Konzept zur visuellen und performativen Gestaltung von „Also sprach Zarathustra“ fertig.
Erin Pratt (Weimar-Fellow März/April 2025):
Erin C. Pratt promoviert im Fach Musikwissenschaft an der University of North Carolina, Chapel Hill. Ihre Doktorarbeit, die kurz vor der Ankunft in Weimar verteidigt wird, entwickelt neue Perspektiven über deutsche Strophenlieder. Diese Kunstlieder, welche eine Melodie für mehrere Strophen eines poetischen Textes verwenden, wurden häufig von der Musikwissenschaft aufgrund ihrer wiederholenden Form vernachlässigt, weshalb sie oft als streng, monoton und langweilig beurteilt werden. Mit fachübergreifenden Mitteln wie Geschichtsschreibung, Kritischer Theorie und Musikanalyse versucht Pratt, neue Forschungswege zu weisen und größeres wissenschaftliches Interesse an deutschen Strophenliedern zu wecken. In Weimar wird sie dieses Project weiterführen mit Forschung zu den Volks- und Kunstliedern der Weimarer Klassik, zum Beispiel im Werk Johann Gottfried Herders und des Weimarer Kapellmeisters Johann Phillip Kirnberger.
Yi-Ping Xia (Nietzsche-Fellow, März/April 2025):
Yi-Ping Xia studierte Philosophie und Germanistik in Taipei und Heidelberg. 2024 promovierte er in Freiburg mit einer Arbeit zur Subjektivitätskritik und zur philosophischen Anthropologie bei Nietzsche. Seine Forschungsinteressen umfassen die philosophische Anthropologie, politische Philosophie und die Ideengeschichte des 19. Jahrhunderts. In seinem aktuellen Forschungsprojekt untersucht er die Kapitalismuskritik und die philosophische Anthropologie bei Marx und Nietzsche. Dabei legt er einerseits großen Wert auf eine historisch kontextualisierte Interpretation dieser beiden Denker und betrachtet andererseits ihre Ideen als nach wie vor relevant für die Probleme unserer Zeit.


Felix Baßler (Bauhaus-Fellow, Mai/Juni 2025):
Felix Baßler ist ein visueller Künstler, der sich auf Fototechnik spezialisiert hat. Seine aktuellen Arbeiten setzen sich insbesondere mit dem Einsatz von In-Camera-Techniken auseinander, vor allem der Slitscan-Fotografie, die surreale und dokumentarische Qualitäten miteinander verbindet. Dabei untersucht er Themen wie zwischenmenschliche Interaktion, Realismus und Surrealismus, den digitalen Fortschritt und die damit zusammenhängende Wirksamkeit kunstpädagogischer Bildung. Im Rahmen seines Bauhaus-Fellowships wird er László Moholy-Nagys „New Vision“-Theorie mit der analogen Slitscan-Fotografie in einen Kontext bringen. Sein Ziel ist es, die Mechanik analoger Kamera- und Bildprozesse zugänglicher und verständlicher zu machen – ein Wissen, das in einer von Künstlicher Intelligenz und automatisierter Bildgenerierung dominierten Zeit zunehmend verloren geht. Um dies zu erreichen, plant er, die Slitscan-Technik mit Moholy-Nagys Licht-Raum-Modulator zu verbinden und den sozialpädagogischen Wert dieser Techniken im Kontext von Moholy-Nagys Theorie zu erforschen.
Erika Capovilla (Weimar-Fellow, Mai/Juni 2025):
Erika Capovilla ist derzeit als Postdoktorandin und Lehrbeauftragte für Deutsche Literatur an der Universität Udine (Italien) tätig. Nach ihrem Studium der Germanistik und Anglistik promovierte sie 2024 an der Universität Udine sowie an der Paris Lodron Universität Salzburg mit einer Dissertation über das Konzept des Humanismus im Leben und Werk Stefan Zweigs (1881-1942). Auf dieser Basis möchte sie im Rahmen ihres Weimarer Forschungsaufenthalts das Verhältnis des österreichischen Autors zu einem seiner humanistischen Leitbilder, Johann Wolfgang von Goethe, eingehender untersuchen. Anhand von wenig bekannten und unveröffentlichten Materialien des Goethe- und Schiller-Archivs sowie der Herzogin Anna Amalia Bibliothek erforscht sie ausgehend von seinem essayistischen Werk das Goethe-Bild Zweigs, um neue An- bzw. Einsichten mit Blick auf diese Dichterkonstellation zu gewinnen.


Tilman Giustozzi (Nietzsche-Fellow, Mai/Juni 2025):
Anfang des Jahres 2025 habe ich mein Masterstudium der Philosophie an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit zu Nietzsches Kritik des modernen Autonomieverständnisses beendet. Auf der Suche nach einem Promotionsprojekt will ich nun meine Auseinandersetzung mit Nietzsches Werk vertiefen und neu perspektivieren. Im Rahmen des Fellowships werde ich Nietzsches moralkritische Intervention in „Zur Genealogie der Moral“ vor dem kolonialen Hintergrund seiner Entstehungszeit lesen. Nietzsches Diagnose der europäischen Kultur als Ausdruck einer ressentimentalen Sklavenmoral wird so als Inversion der historischen Machtverhältnisse lesbar. In meinem Projekt versuche ich den Sinn dieser Inversion zu entschlüsseln und so nach dem kritischen Potential zu fragen, das Nietzsches Moral- und Kulturkritik für das Verständnis des kolonialen Erbes Europas zukommt.
Linda Maeding (Weimar-Fellow, Mai/Juni 2025):
Linda Maeding lehrt im Fachbereich Germanistik an der Universität Complutense Madrid. Nach einem DFG-Projekt zum Verhältnis von Utopie und Gemeinschaft in Lateinamerika-Literatur beschäftigt sie sich in ihrem neuen Forschungsvorhaben in Weimar mit dem Utopischen im 19. Jahrhundert im Verhältnis zu zeitspezifischen Emanzipationsbestrebungen. Dabei geht es in erster Linie darum, das Utopische mit Blick auf seine globalen Kontexte in Positionen des deutschsprachigen Judentums herauszuarbeiten: Schriftsteller wie Heinrich Heine zeigten eine spezifische Sensibilität, die im Dreieck von jüdischer Diaspora, der Rezeption des außereuropäischen Kolonialismus und utopischer Tradition untersucht werden soll. Das Vorhaben mit Explorationscharakter widmet sich in erster Linie Zeitschriftenbeständen und Briefwechseln im Zeitraum zwischen 1791 und 1914.


Paul Wiersbinski (Bauhaus-Fellow, Mai/Juni 2025):
Ich habe Videokunst bei Mark Leckey, Bonnie Camplin und Douglas Gordon an der Hochschule für bildende Künste - Städelschule studiert. Meine Projekte bewegen sich im Spannungsfeld von Kunst, Wissenschaft und Technik, berühren Diskurse wie Architektur, Entomologie oder Kybernetik, beziehen sich auf die Geschichte der Performance- und Videokunst und nutzen Begriffe wie Verspieltheit und Improvisation. Mein Projekt „The Pattern House“ wird Architekturmodelle des Bauhaus untersuchen, die Mitgliedern der Arbeiterklasse soziale und kollektive Räume boten. Sie wurden nicht nur als funktionale Lösung gebaut, sondern nutzten einzigartige ästhetische Ansätze, die zum Zeitpunkt ihrer Konstruktion verfügbar waren. Ich werde während meines Fellowships in Weimar aufgenommene Bilder verwenden, um mittels einer Collagentechnik einen Ansatz zu verfolgen, welcher die Beziehung zwischen Mensch, Architektur und Natur darstellt.
Dennis Schäfer (Weimar-Fellow, Juni/Juli 2025):
Dennis Schäfer ist Doktorand am Department of German der Princeton University, wo er zurzeit an einer Doktorarbeit zum Amanuensis in der deutschen Romantik schreibt. Sein Arbeitsgebiet umfasst Medienkulturen vom 18. bis ins 20. Jahrhundert, und er ist Mitherausgeber von Themenheften in „Das achtzehnte Jahrhundert“ und den „Publications of the English Goethe Society“. In der Vergangenheit war er Werner-Keller-Stipendiat der Goethe-Gesellschaft (2023) und Gastwissenschaftler am DFG-Graduiertenkolleg „Modell Romantik“ an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena (2022). Als Weimar-Fellow wird er im Goethe- und Schiller-Archiv und in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek seine Arbeit zum Familienarchiv Bettina und Achim von Arnims fortführen.


Harshada Arnand (Nietzsche-Fellow, Juli/August 2025):
Harshada Anand is a Research Scholar at the Centre of German Studies, Jawaharlal Nehru University (JNU), New Delhi, India. Her PhD research focuses on the life of Charlotte Salomon and her quintessential work, “The Life or Theater”. She has completed her Master’s from JNU and has attained her Bachelor’s degree from Fergusson College, Pune University. Her research interests include Holocaust and Jewish Culture Studies, Expressionist Art, Contemporary Art and Visual Culture as well as Intermedial Studies. Her project explores the influence of Friedrich Nietzsche’s philosophy, particularly his existentialism and Apollonian-Dionysian dichotomy, on Charlotte Salomon´s magnum opus. It examines her work as a “Gesamtkunstwerk”—a total work of art integrating visual, musical, and textual elements—highlighting its thematic and structural connections to Nietzschean ideas, particularly creativity, affirmation, and existential celebration.
Marina Cristodoulou (Nietzsche-Fellow, Juli/August 2025):
I have completed a Dr. Phil in Philosophy (“Life as Addiction”, 2022) in a co-supervision between the Alpen Adria Universität Klagenfurt (Austria) and the University of Toulouse-Jean Jaurès, for which I was awarded the Georges Bastide Prize of the French Academy in Toulouse. I am a lecturer in Philosophy at Constructor University, Bremen. I am currently editing two volumes on my current research project on “Ontological Exhaustion”, for which I also prepare a habilitation-monograph. My project for the Nietzsche Fellowship, at the Klassik Stiftung Weimar, is entitled “Philosophical thinking as an ephexis from interpretation, exemplified in brief forms of thought (essay, aphorism)”. I will examine ephexis in the work of Nietzsche in general, and in relation to his aphoristic thought.


Leila Keivan (Bauhaus-Fellow, Juli/August 2025):
Leila Keivan (she/her) is an interdisciplinary artist whose practice explores memory, time, and place through the „Artist's Archive“. With a B.A. in Carpet Design and an M.A. in Photography from Tehran University of Art, as well as an M.F.A. in “Public Art and New Artistic Strategies” from Bauhaus University, she integrates methods and perspectives from various fields to create thought-provoking installations. Her work examines the interplay of lost memories, lives, and spaces, balancing historical fact with imagined narratives. Through archival materials and storytelling, she bridges past and present, uncovering hidden connections and forgotten histories. Grounded in themes of cultural heritage and displacement, her practice extends beyond personal experience to address universal questions of belonging, temporality, and the resonance of place.
Matteo Zupancic (Weimar-Fellow, Juli/August 2025):
Matteo Zupancic ist Postdoc Research Fellow am Istituto Italiano di Studi Germanistici (Rom) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Stuttgart Research Center for Text Studies im Projekt „Goethes Venezianische Epigramme - Kritische digitale Edition“. Im Oktober 2022 promovierte er über die literarische Sprachreflexion der klassischen Moderne und ihre Beziehungen zum religiösen Sprachdenken an der Universität Pisa und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Zuvor (2013-2018) studierte er deutsche und italienische Literatur sowie Philosophie an der Scuola Normale Superiore und der Universität Pisa. Ziel des Aufenthaltes in Weimar ist die gründliche Entzifferung und Transkription aller im Goethe- und Schiller-Archiv enthaltenen Textträger der Venizianischen Epigramme. Dabei werden auch die indirekten Quellen berücksichtigt, wie bspw. die bisher nicht transkribierten Korrekturvorschläge August Wilhelm Schlegels. Zusätzlich zur Archivarbeit strebt dieses Forschungsprojekt eine direkte Zusammenarbeit mit den Leiter*innen des Projekts „Goethes Lyrik“ an, um Synergien zwischen den beiden Vorhaben zu schaffen.


Jenny Kellner (Nietzsche-Fellow August/September):
Jenny Kellner studierte Schauspiel, Philosophie und Soziologie in Hamburg und Berlin und war Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ihre als Doktorarbeit an der Universität der Künste Berlin vorgelegte Studie Anti-ökonomischer Kommunismus. Batailles nietzscheanische Herausforderung (2025) nimmt eine Aktualisierung der Nietzsche-Lektüre des französischen Philosophen Georges Bataille vor mit dem Ziel, ein anti-ökonomisches Denken der Freiheit und eine Politik der Anti-Ökonomie zu gewinnen. Heute lehrt Jenny Kellner an der Hafencity Universität Hamburg sowie an der Universität der Künste Berlin und ist als freie Publizistin und Künstlerin tätig. Im Rahmen des Nietzsche-Fellowships untersucht sie den heute meist pejorativ verwendeten Begriff des Populismus aus philosophischer Perspektive. Ausgehend von einem an philosophischen und künstlerischen Referenzen geschärften Verständnis von populistischer Affizierung wird ein Begriff von Gegen-Populismus entwickelt, der die Attraktivität populistischer Positionen ernstnimmt, anstatt sie moralisch zu verurteilen.
Koji Ota (Gastwissenschaftler, August/September 2025):
Nach seinem Studium der Germanistik an der Waseda- und der Rikkyo-Universität in Tokyo promovierte Koji Ota im Jahr 2013 an der Justus-Liebig-Universität Gießen über Hölderlins Bildungskonzeption. Seine daraus hervorgegangene Monographie Der freie Gebrauch des Eigenen. Zur Konzeption von Bildung und ästhetischer Erziehung bei Friedrich Hölderlin (Würzburg 2021) wurde mit dem Preis der Japanischen Gesellschaft für Germanistik und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ausgezeichnet. Seit April 2024 ist er Professor in der Abteilung für deutsche Literatur an der Sophia-Universität in Tokyo. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Lyrik und Poetologie um 1800. In seinem aktuellen Forschungsprojekt untersucht er die Diskurse über Symbol und Allegorie in der Sattelzeit. Während seines Forschungsaufenthaltes in Weimar wird er sich mit der Analyse von Symbol- und Allegoriekonzepten bei Goethe, Schiller und Hölderlin beschäftigen, indem er ihre Überlegungen zum Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem, Darstellendem und Dargestelltem, Naivem und Sentimentalischem vergleicht.


Luna Ali (Nietzsche-Fellow, September/Oktober 2025):
studierte Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim, Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut und Anthropologie an der Universität Leipzig. Sie arbeitete als Autorin unter anderem an Produktionen an den Schauspielhäusern Düsseldorf, Dortmund, Hannover sowie in Berlin. 2023 erhielt sie das Arbeitsstipendium für deutschsprachige Literatur der Berliner Senatsverwaltung. 2024 erschien ihr Debütroman „Da waren Tage“ bei S. Fischer. Die derzeitige Arbeit an einem Essay-Band knüpft inhaltlich an der Schnittstelle von kollektivem Begehren und politischem Handeln an, erweitert sie jedoch um Fragen zur gesellschaftlichen Bedeutung von sozialen und politischen Erinnerungen.
Lisa Alexandra Henke (Nietzsche-Fellow, September/Oktober 2025):
Nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Bildungswissenschaften in Mainz und Lyon promovierte ich am Institut für Soziologie der Universität Mainz über die (menschlichen) Dimensionen der Sorge. Seit 2024 bin ich Teil des BMBF-geförderten Verbundprojektes Bildersturm. Frauen in der Philosophie sichtbar machen und neue Vorbilder etablieren sowie am Institut für Philosophie an der Universität Koblenz tätig. Meine Dissertation analysiert die unbewussten und potenziellen Dimensionen des (Zwischen-)Menschlichen und bezieht sich hierfür auf Überlegungen der philosophischen Anthropologie, der (Leib-)Phänomenologie sowie auf gegenwärtige Care-Debatten. Mein aktuelles Forschungsvorhaben möchte Antworten auf die weiterführende sozialphilosophische Frage formulieren, inwiefern eine spezifische Sozialität mit dem eigenen Selbst bzw. -anteilen theoretisch entworfen werden kann. In Weimar möchte ich den Beitrag Nietzsches zu meinem übergeordneten Forschungsprojekt thematisch abstecken.


Michael Rocher (Weimar-Fellow, September/Oktober 2025):
Ich bin Bildungs- und Erziehungshistoriker, forsche aber auch generell zur Kindheits- und Jugendgeschichte sowie zu historischer Kriminalität zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert. Letztes Jahr wurde meine Dissertation veröffentlicht, die ich 2022 an der Universität Halle-Wittenberg verteidigt habe. Sie handelt über einen bildungsräumlichen Vergleich von Pädagogium Regium und Philanthropin Dessau mit weiteren Schulen Ende des 18. Jahrhunderts. In Weimar forsche ich zu meinem neuen Projekt: Es geht um Aushandeln und Strafen im Schul- und Erziehungswesen vom Ende des 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Mein Schwerpunkt während meines Forschungsaufenthalts in Weimar sind Bildungs- und Erziehungsinstitutionen in der Regierungszeit Herzog Carl August (reg. 1758–1828) und deren schulische Straf- und Aushandlungspraxis.
Marcus Stiebing (Weimar-Fellow, September/Oktober 2025):
Marcus Stiebingis a postdoctoral researcher at the Chair of Early Modern History at the University of Stuttgart. His dissertation explores how the dukes of Weimar connected the resolution of the Bohemian Revolt (1609–1620) to broader efforts to secure peace in Central Europe. His current project, “Discovering the Invisible: Childhood in the Military-Fiscal State (1769–1805)”, examines the often-overlooked role of children within the Habsburg military-fiscal state. It focuses on young cadets, who were expected to internalize hierarchical principles by practicing silence but frequently challenged these norms. This interdisciplinary study integrates history, linguistics, and social sciences, utilizing tools such as MaxQDA. As a Weimar Fellow, he will investigate the circulation of military knowledge around 1800, focusing on the library of Charles Gore in the Herzogin Anna Amalia Bibliothek.


Messan Tossa (Weimar-Fellow, Oktober/November 2025):
Nach dem Studium der Germanistik an der Université de Lomé promovierte Messan Tossa 2014 zum Thema Krieg und Frieden in der neueren deutschsprachigen Literatur. Er ist heute Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Staatsarchiv Togo und Honorardozent in der Germanistikabteilung der Université de Lomé. Den Ausgangspunkt seiner Forschungsarbeit in Weimar bildet die wissensgeschichtliche Interpretation der Aufklärung als exklusiv rassendiskriminierende und kolonialistische Denkkategorie. Dieser Eindruck, der mit einer einseitigen Interpretation der Aufklärung aus einer postkolonialen Perspektive zusammenhängt, sieht in der Aufklärung eine rassistische und kolonialistische Bewegung. In seiner Forschung in Weimar möchte Messan Tossa diese exkludierende Wahrnehmung der Aufklärung relativieren und eine antikoloniale Ausrichtung der Aufklärung erkunden. Am Beispiel des Bühnenautors August von Kotzebue geht er auf die Verortung antikolonialistischer Denklinien im Diskursrahmen der Aufklärung ein.
Dr. Maria Mourtou-Paradeisopoulou (Nietzsche-Fellow November/Dezember)
is a postdoctoral researcher in the Departments of Philosophy at the University of Ioannina and the University of Patras (Greece). She completed her doctoral dissertation at the University of Southampton in 2024, titled “Nietzsche on Genealogy, Knowledge, and Critique”, under the supervision of Professor Christopher Janaway. She holds a master’s degree in Continental Philosophy from the University of Warwick (2020), a master’s in political philosophy from Panteion University (2018), and a bachelor’s degree from the Law School of Athens at the National and Kapodistrian University of Athens (2015). Her current research project, which she will develop as a Nietzsche Fellow, titled “The Role of Art in Re-evaluation—Affects and Truth-Concealment”, explores art’s role in shaping values through Nietzschean philosophy. The study argues that art is essential for two key processes in liberating individuals from unexamined, internalized values—affective engagement and strategic truth concealment—and thus plays a fundamental role in their subjectivation. By framing art as a dual mechanism of affect stimulation and truth concealment, her research aims to underscore its foundational significance in Nietzsche’s broader re-evaluation project.


Kati von Schwerin (Nietzsche-Fellow, November/Dezember 2025):
Kati von Schwerin ist bildende Künstlerin, Musikerin/ Songwriterin und Autorin. Sie studierte von 2004-2010 Malerei und Poetik an der Kunstakademie Düsseldorf, sowie von 2009-2014 Philosophie (B.A. und M.A.) und Kunstgeschichte an der HHU Düsseldorf und der HU Berlin. Dabei widmete sie sich vorrangig anthropologischen und kulturellen Themen, indem sie die "Legitimation des Künstlers innerhalb der Gesellschaft" hinterfragte oder die Selbstreflexion als Konzept in den Fokus rückte. Kati von Schwerin stellte Ihre Werke in zahlreichen nationalen sowie internationalen Ausstellungen aus. Als Musikerin hat sie bislang drei Studio-Alben veröffentlicht. Außerdem war sie als freie Autorin für das Titanic Magazin tätig und veröffentlichte 2023 ihr schriftstellerisches Debüt "Berlin? Ja, wir hatten mal was" im Kölner emons Verlag. In Weimar arbeitet sie an ihrem zweiten Buch, welches sich mit dem Mythos „Künstler*in“ beschäftigt und untersucht, ob und wie das Leben als Künstler*in innerhalb einer Leistungsorientierten Gesellschaft funktionieren kann.