Das Gentzsche Treppenhaus

Die Sammlungen

des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach

Die Klassik Stiftung Weimar trägt die Verantwortung für Pflege, Erforschung und Vermittlung der vielfältigen Sammlungen des einstigen Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Fünf Schlösser und Residenzen mit Gärten und Parks, die Herzogin Anna Amalia Bibliothek und das Goethe-Nationalmuseum sowie das Goethe- und Schiller-Archiv sind authentische Schauplätze und Schutzorte, in denen herausragende Kunstwerke und Objekte vom Mittelalter über die Weimarer Klassik bis hin zur Moderne um 1900 ebenso bewahrt und präsentiert werden wie einzigartige Handschriften, Bücher und Archivalien.

In der mäzenatischen Tradition des zentralthüringischen Herzogtums der Ernestiner aus dem Hause Wettin konnten 2003 wesentliche Teile dieses Kulturschatzes von nationaler Bedeutung durch die gütliche Einigung zwischen Prinzessin Leonie von Sachsen-Weimar-Eisenach und dem Freistaat Thüringen dauerhaft für die Öffentlichkeit gesichert werden. Die Bestände werden mit dem Hinweis „Aus dem Privatbesitz des ehemals regierenden Großherzoglichen Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach“ ausgestellt und publiziert.

Die Weimarer Residenz

Das ernestinische Fürstenhaus regierte das Herzogtum – seit 1815 Großherzogtum – fast fünf Jahrhunderte lang von Weimar aus. Schon in der Reformationszeit verfügten die Ernestiner über bedeutende Kunst- und Büchersammlungen, die Johann Friedrich der Großmütige mit der Verlegung der Residenz 1547 nach Weimar überführte. Während die Bibliothek im Residenzschloss 1691 durch einen Teilungsvertrag um 500 wertvolle Bände erweitert wurde, wanderten bedeutende Kunstbestände durch Erbteilungen im 17. Jahrhundert aus Weimar ab. 1766 verlegte Herzogin Anna Amalia die Bibliothek in das für diesen Zweck umgebaute Grüne Schloss mit seinem berühmten dreigeschossigen Rokokosaal, wo sie unter der Aufsicht Goethes bis 1832 auf achtzigtausend Bände anwuchs. Die seit 1700 neu aufgebaute Kunstsammlung hingegen erlitt 1774 durch den Brand des Residenzschlosses große Verluste. Mit dem Wiedereinzug des Hofs in die klassizistisch erneuerte Dreiflügelanlage verloren 1803 Bildergalerie, graphische Sammlung und historische Kunstkammer ihre angestammten Plätze und mussten in das Bibliotheksgebäude umziehen. Im 19. Jahrhundert machten die Weimarer Großherzöge ihren Kunstbesitz nach und nach der Öffentlichkeit zugänglich. 1869 öffnete das Großherzogliche Museum, errichtet nach Plänen des Prager Architekten Josef Zítek. 1870 entstand im Wittumspalais das Museum der Hofkultur der Goethezeit und 1907 richtete man Schloss Tiefurt als Erinnerungsort für die Epoche Anna Amalias ein.

1885 wurden Goethe-Nationalmuseum und Goethe-Archiv gegründet, nachdem der letzte Goethe-Enkel testamentarisch das Großherzogtum zum Erben des Dichterhauses samt Sammlungen und Bibliothek sowie Großherzogin Sophie zur persönlichen Erbin des schriftlichen Nachlasses bestimmt hatte. Zielstrebig ergänzte Sophie das Archiv um Nachlässe von Schiller, Herder und Wieland und initiierte die erste kritische Gesamtausgabe der Werke Goethes. Bis 1896 ließ sie für das 1889 umbenannte Goethe- und Schiller-Archiv ein eigenes Gebäude errichten.

Nach dem Ende der Monarchie

Mit der Novemberrevolution 1918 dankte Großherzog Wilhelm Ernst ab; die Besitztümer des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach wurden beschlagnahmt. Ein Auseinandersetzungsvertrag regelte 1921 die Vermögensverhältnisse neu. Dem Gebiet Weimar wurde das Eigentum am Kammervermögen einschließlich des Kronguts zuerkannt, während sich Wilhelm Ernst – auch für seine Rechtsnachfolger – verpflichtete, den privaten Kunstbesitz des einstigen Großherzogtums weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zur Betreuung der Sammlungen in Landesmuseum (ehemals Großherzogliches Museum, heute Museum Neues Weimar) und Residenzschloss sowie im Schloss Belvedere wurden 1922 die Staatlichen Kunstsammlungen zu Weimar gegründet. Die historischen Ausstattungen der Schlösser Belvedere und Ettersburg, die als Liegenschaften dem Land Thüringen übereignet wurden, verblieben im Besitz der Großherzoglichen Familie, die zudem Wohnrecht im Residenzschloss erhielt. Der auf der Wartburg befindliche private Kunstbesitz ging 1923 auf eine Stiftung öffentlichen Rechtes über, die bis heute existiert. Während die Carl-Alexander Bibliothek und andere Immobilien in Eisenach im Eigentum des Großherzoglichen Hauses verblieben. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg fiel ein Teil der Bestände Plünderungen in Schlesien und Thüringen zum Opfer.

Sowjetische Besatzung und DDR

Nach dem Zweiten Weltkrieg enteignete das Land Thüringen im Rahmen des Fürstenenteignungsgesetzes entschädigungslos den privaten Kunstbesitz, der dem Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach gehörte. Um juristische Auseinandersetzungen zu verhindern, wurden den Großherzoglichen Familienangehörigen die Bürgerlichen Rechte durch Landesgesetz aberkannt. Während die Kunst- und Literatursammlungen durch die 1953 gegründeten Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten sowie die Kunstsammlungen zu Weimar weiter gepflegt und erforscht wurden, gingen Teile der historischen Ausstattungen des Weimarer Residenzschlosses und der Wartburg durch unsachgemäße Behandlung und mutwillige Zerstörung verloren. Weitere Sammlungskonvolute, z. B. die ehemalige Ettersburger Gewehrsammlung, aber auch Gemälde und Möbel wurden an andere Museen der DDR abgegeben. Die Rückführung dieser Bestände nach Weimar wird angestrebt.

Nach der Deutschen Wiedervereinigung

1990 beantragte Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach im Namen der Erben des Erbgroßherzogs Karl-August die Rückübertragung des mobilen und immobilen Vermögens. Das 1994 vom Bundestag verabschiedete Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) regelte die Restitution von Kunstobjekten, Archivalien und Büchern, schloss eine Rückgabe von Immobilien jedoch aus. Für die Dauer von 20 Jahren blieb ausgestelltes Kulturgut unentgeltlich der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich.

Im Rahmen einer Gütlichen Einigung mit dem Freistaat Thüringen verzichtete Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach als gesetzlicher Vertreter seiner noch minderjährigen Tochter und Alleinerbin, Prinzessin Leonie, auf die Vermögensansprüche des einstigen Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach gegen eine symbolische Ausgleichszahlung. In der mäzenatischen Tradition seiner Familie schuf er damit die Voraussetzungen für die heutige Klassik Stiftung Weimar, in deren Stiftungsrat Prinzessin Leonie einen Sitz innehat. Für diese außergewöhnliche faktische Zustiftung von Kulturgütern in eine öffentliche Institution der Bundesrepublik wurde Prinz Michael 2005 mit dem „Mäcenas-Preis“ des AsKI ausgezeichnet.

Ein Höhepunkt der vertrauensvollen Zusammenarbeit und gemeinsamen Verantwortung war 2013 die Rückführung des Porträts der Herzogin Anna Amalia an den angestammten Platz im Römischen Haus. Das 1789 von Angelika Kauffmann in Rom geschaffene Gemälde galt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs als verschollen und wurde durch das finanzielle Engagement Prinz Michaels für die Klassik Stiftung Weimar gesichert.

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.